Kennt ihr das: Zum neuen Jahr hatte man gute Vorsätze und hat sich beim Fitnessstudio um die Ecke angemeldet. Nach der anfänglichen Euphorie war jedoch schnell Schluss und man geht immer seltener hin. Und die Traumfigur rückt in weite Ferne. Habt ihr schon mal daran gedacht, einen Personal Trainer zu suchen? Ich habe mit Robert Rode darüber gesprochen, woran ihr einen guten Trainer erkennt, was das kostet und wie er seine Kunden bei Übergewicht berät. Er arbeitet als Fitness- und Mentalcoach in Berlin und ist Fachautor bei „Shape up Trainers only“.
Lee Wah: Was sind eigentlich die Vorteile, mit einem Personal Trainer zu trainieren?
Rode: Qualitative und eine sehr persönliche Betreuung nach den Wünsche, Zielen und Bedürfnissen von Fitnesskunden kosten Zeit. Diese Zeit wird und kann, bedingt durch unterschiedlichste Betreuungsformate dem Kunden in Fitnessstudios nur selten zugestanden. Über ein Vermitteln von Standardprogrammen hinaus ist die Betreuung selten und so fühlen sich viele Kunden oft alleingelassen. Für den Fitnessfreak, den Autodidakten oder den professionellen Bodybuilder ist das kein Problem, da sie nur die Hardware des Studios benutzen wollen. Für den Ottonormalverbraucher steht schlichtweg sehr häufig nicht genug Personal zur Verfügung.
Lee Wah: Was ein Low-Budget-Fitnessstudio bei monatlich 20 Euro auch nicht leisten kann…
Rode: Stimmt und genau diese Nische füllen Personal Trainer für anspruchsvolle Kunden aus. Übrigens, im Wort Betreuung steckt vor allem auch „Treue“, welche beiderseitig notwendig ist, um an einem progressiven Trainingsprogramm miteinander festzuhalten und zum Ziel zu führen. Die Erfolgsquote des Personal Trainings ist um ein vielfaches höher als in angesprochenen Standardtrainings, die der Kunde allein durchführt.
Lee Wah: Wie hoch schätzen Sie die Erfolgsquote bei Training ohne Personal Trainer ein?
Rode: 7% der Fitnesskunden, die selbstständig im Studio trainieren, erreichen ihr angestrebtes Ziel tatsächlich, so die Sporthochschule Köln nach statistischen Erhebungen. Das sagt viel aus wie ich finde. Personal Trainer arbeiten mit einer Ist-Soll-Analyse und passen regelmäßig Trainingsinhalte an das derzeitige Leistungsvermögen des Kunden an, nur so kann sich der Kunde weiterentwickeln. Dann gibt es Menschen die einfach aus unterschiedlichsten Gründen nicht bereit sind, ein Fitnessstudio aufzusuchen. Hier ist der Personal Trainer gefragt, flexibel an jedem Ort und zu Zeiten, die der Kunde wünscht, ein angemessenes, seinem Leistungsvermögen entsprechendes Training anzubieten.
Lee Wah: Findet das Training nicht immer im Studio statt?
Rode: Nein, das Training kann mit oder ohne Geräte geschehen. Von daher kann das Training in dessen Büro, bei ihm zu Hause, an seinem Urlaubsort, im Wald oder am Strand stattfinden. Gute Trainer sind einfach nicht durch eine oberflächliche Recherche im Internet, leblosen Trainings- und Ernährungsplänen auf Papier oder Sprechmaschinen zu ersetzen, weil Menschen brauchen Menschen: Für die Motivation, für Verständnis, für Ausstauch, für ehrliches Feedback und für zielgerichtete Anleitung außerhalb der Komfortzone.
Lee Wah: Woran erkennt ein Laie bereits bei der Suche, ob er einen guten Personal Trainer gefunden hat?
Rode: Eine gute Frage, die mir als professioneller Trainer, der an einem guten Image unseres Berufsbilds interessiert ist, besonders am Herzen liegt. Wobei man unter „gut“ vieles verstehen kann und jeder Mensch „gut“ ein Stück weit anders interpretiert. Profis sind im Internet in einigen Trainerportalen mit einem integrierten hohen Qualitätsmanagement gelistet. Portale wie „Personalfitness.de“ oder der „Premium Personal Trainer Club“ sind in Deutschland und Europaweit führend. Hier gibt es bestimmte Voraussetzungen, einen erforderlichen Ausbildungshintergrund und hauptberufliche Erfahrungen als Aufnahmekriterien zu erfüllen. Zusätzlich gibt es TÜV Zertifizierungen oder andere Prüfungen, die erforderlich sind um sich hier anbieten zu können. Man sollte auch prüfen, ob der Trainer im Bundesverband Personal Training (BPT) Mitglied ist. Auch das ist ein Hinweis auf Qualitätsbewusstsein. Außerdem sollte geprüft werden, ob der Trainer eine eigene Website mit Kundenfeedbacks hat und wie er oder sie sich darstellt. Der Personal Trainer sollte mir als Kunde natürlich sympathisch sein.
Lee Wah: Bieten Personal Trainer denn in der Regel ein erstes kostenfreies Beratungsgespräch an?
Rode: Ich denke, dass jeder Trainer vor Trainingsantritt ein kostenloses Analysegespräch anbieten sollte.
Zur Suche gehört schließlich auch dieses Erstgespräch, in dem Empathie, Hörqualitäten, Erfahrungen, fachliche Qualifikationen und natürlich gegenseitige Sympathie abgeklopft werden können. Einen guten Trainer hat man letztlich gefunden, wenn sich beide Seiten auf die Trainingsstunden freuen und Ziele erreicht werden.
Lee Wah: Was ist für Sie das Wichtigste bei der Beratung eines Kunden?
Rode: Zuhören! Nicht was in Fachzeitungen, im Internet steht oder gerade als innovativster Trend in der Branche oder der „Brigitte“ propagiert wird, ist auch automatisch das, was der Kunde braucht, der vor mir sitzt. Nur wenn ich dem Kunden genau zuhöre, kann ich gezielt nachfragen, auch zwischen den Zeilen geäußertes hinterfragen, um so ableitend gezielte Trainingsvorschläge zu machen. Was nützt es, wenn ich Schwimmen ideal für Übergewichtige ansehe und den Kunden in die Schwimmhalle zwinge, seine Chlorallergie aber bewusst überhöre? Da sind wir dann bei Empathie als Kernkompetenz, die für die Arbeit eines guten Trainers unerlässlich ist. Wenn ich mich nicht in die Schwierigkeiten und Gefühlswelten meines Kunden hineinversetzen kann, wird keine gute Bindung entstehen. Wer das Arbeiten mit Menschen nicht mag, wird als Personal Trainer schnell scheitern.
Lee Wah: Wie sollte die Beratung von übergewichtigen Klienten idealtypisch aussehen?
Rode: „Idealtypisch“ impliziert ein wenig die Patentlösung, die es gerade im Bereich Gewichtsreduktion so nicht gibt. Jeder Übergewichtige hat neben der Gemeinsamkeit des Übergewichts selbst, dennoch eine eigene Geschichte, die zum Problem geführt hat. Insofern sind die Ausgänge aus der Problemstellung ebenfalls unterschiedlich. Grundsätzlich kann ich aber sagen, dass die Bewusstmachung und die Achtsamkeit in Bezug auf Nahrungszufuhr bei Übergewichtigen sensibilisiert werden muss. Und: Das Abrennen der Kerze an beiden Enden bringt die größten Erfolge.
Lee Wah: Das müssen Sie erklären…
Rode: Der Kunde muss sich mehr bewegen und gleichzeitig die Ernährung umstellen! Das erfordert zunächst für viele Menschen auch eine gedankliche Veränderung, um daraus neue Handlungsmuster zu kreieren. Oft ist bei einem schweren Übergewicht eine tieferliegende Ursache für kompensatorisches Essen anzutreffen, die mit einbezogen werden muss. Da ist zum Beispiel der Mentalcoach gefragt. Auch im Bereich Ernährung ist es nicht sinnvoll, allen Menschen die gleiche Strategie überzustülpen, selbst wenn sie bei Heidi Klum wunderbar funktioniert hat. Übergewichtige müssen selbst über das zu viel, zu fett, zu süß und zu spät nachdenken lernen. Dann sind sie in der Lage, ihre eigene Ernährung so zu gestalten, dass ihre eigene Diät daraus entsteht und entsprechende Ergebnisse auf der Waage erzielt werden.
Lee Wah: Sollte Mentaltraining immer Bestandteil eines persönlichen Trainingsplans sein?
Rode: Der Körper folgt dem Geist, heißt es so schön. Ist der Geist falsch eingestellt, wird der Körper nicht folgen. Diese Einstellung muss bei dem Klienten entwickelt und am Leben gehalten werden. Der beste Fachmann wird sich schwer tun, selbst wenn er mit revolutionärsten Trainingstools antritt, er aber seinen Klienten verbal nicht erreicht und inspiriert. Ich muss meine Klienten so gut wie möglich, auf allen Ebenen wahrnehmen können, um ihre persönliche Tür für Veränderung öffnen zu können. Die Trainingserfahrungen, das Wissen um die Trainingslehre oder korrekte Periodisierungen und ähnliches sind natürlich wichtig, aber nicht nur. Denn wir wollen unsere Kunden vor allem motivierend begleiten. Die Ansprüche der Kunden haben sich verändert und es wird heute viel mehr erwartet und vorausgesetzt als noch vor 15 Jahren. Es fehlt ja dem Kunden selten am Wissen um die eigenen Defizite oder Fehler. Vielmehr fehlt oft der Glaube und der Wille, manchmal auch Selbstwert und Selbstbewusstsein oder sogar eine Zielvision. Kommunikative Werkzeuge, Mentaltrainingstechniken und Entspannungstools gehören aus meiner Sicht in den Werkzeugkoffers eines modernen Personal Trainers.
Lee Wah: Zuletzt noch die Frage nach den Kosten: Welches Budget sollte man sich einplanen?
Rode: Erfahrene Personal Trainer sind Spezialisten wie es zum Beispiel Mediendesigner, Anwälte oder Waschmaschinenmonteure sind. Die Stundensätze sind nicht unbekannt. Im Berliner Großraum liegt der Preis bei hauptberuflichen Personal Trainern für eine Trainingseinheit zwischen 80 und 120 Euro. Der Bundesverband (BPT) empfiehlt Personal Trainern nach genauen Kostenberechnungen, mindestens 60 Euro zu berechnen, weil erst ab hier Kostendeckung gewährleistet ist. Wer es als Personal Trainer viel billiger anbietet, schein auch nicht mehr wert zu sein, oder es fehlt irgendetwas am Gesamtkonzept, zum Beispiel die Berufshaftpflichtversicherung. Das kann im Ernstfall für beide Seiten sehr teuer werden. Wer scheinbar Billiges kauft, in welcher Branche auch immer, in der Hoffnung maximalen Erfolg zu erzielen, wird am Ende wahrscheinlich draufzahlen.
Lee Wah: Vielen Dank für das Interview!